Folgen des Corona-Lockdowns für die politische Kultur in Deutschland

Die von der Bundesregierung im Frühjahr 2020 beschlossenen Maßnahmen zur Eindämmung der Coronakrise stießen bei der großen Mehrheit der Deutschen auf Zustimmung. Zum Erhebungszeitpunkt im Juli 2020 hielten drei von vier Bundesbürgern und Bundesbürgerinnen die Einschränkungen von Wirtschaft und Gesellschaft für gerechtfertigt und für wirksam. Entsprechend groß fiel mit 77 % auch die Zufriedenheit mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung aus, 18 % waren weniger, ganze 5 % ausgesprochen unzufrieden damit. Unter den Corona-Skeptikern sind überdurchschnittlich häufig Personengruppen, die die Kontaktbeschränkungen härter trafen als andere, etwa Jüngere und Familien mit minderjährigen Kindern sowie Arbeitslose und prekär Beschäftigte, die um ihren Job fürchten. Bei Personen mit einer rechtpopulistischen Einstellung und ausgeprägtem Misstrauen gegenüber politischen und gesellschaftlichen Institutionen hat Corona häufig zu einer Verfestigung ihrer kritischen Grundhaltung geführt.

Deren lautstarker Protest findet in der Mehrheitsgesellschaft wenig Widerhall. Im Gegenteil: das konsequente Vorgehen der Bundesregierung bei der Bekämpfung der Pandemie hat das in den letzten Jahren von Misstrauen geprägte Verhältnis zur Politik signifikant verbessert, das Vertrauen in die Exekutive, Legislative und Judikative hat sich deutlich zum Positiven gewandelt. Das gewachsene Vertrauen spiegelt sich nicht zuletzt in der Überzeugung wieder, dass das vorübergehende Herunterfahren der Wirtschaft keine dauerhaft negativen Folgen für die als insgesamt ziemlich positiv bewertete eigene finanzielle Situation haben. Die Bürger und Bürgerinnen haben zudem wieder stärker das Gefühl, dass sich die Politik um sie und ihre Probleme kümmert. Die getroffenen Maßnahmen zur Milderung der Folgen des Lockdowns für die besonders Betroffenen treffen auf hohe Zustimmung, das zuvor weit verbreitete Gefühl persönlicher Benachteiligung und mangelnder Responsivität der Parteien hat spürbar abgenommen.

Abgenommen hat auch die zuletzt starke Polarisierung der Gesellschaft, nicht zuletzt deswegen, weil die Migrationspolitik nicht mehr so im Fokus steht wie die letzten Jahre. Die Proteste der Corona-Skeptiker treffen entsprechend auf weit weniger Widerhall in der Bevölkerung als die Proteste gegen die Migrationspolitik oder die Proteste für eine restriktivere Klimapolitik. Zugenommen hat allerdings die Verunsicherung vor allem bei jüngeren Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen in Bezug auf die langfristigen Folgen der Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft, die pandemie-bedingt sich noch weiter zugespitzt haben.

Dies sind die wichtigsten Befunde einer quotengestützten, repräsentativen Online-Befragung von 2920 wahlberechtigten Personen ab 18 Jahre.